DIE REISE.
Am Montag morgen, 9. Oktober, um 7 Uhr war es so weit. Ohne sonderliche Aufregung um unser Abenteuer stiegen wir in unser Auto, so als wäre es ein ganz normaler Tag und kein besonderes Ereignis. Der Stress rund um’s Auswandern hielt unsere Vorfreude in Grenzen. Ab ging’s nach Portugal. Unser Weg führte uns über Basel nach Frankreich, wo wir in einem abgelegenen Airbnb eine gemütliche Nacht verbrachten, bevor wir am nächsten Tag in Spanien, und am übernächsten Tag in Portugal ankamen. 3 Tage à ca. 6-8 Stunden Autofahrt. Wir fuhren buchstäblich der Sonne entgegen, denn die Tage wurden immer wärmer und sonniger. Die eigentliche Reise aber, wie wir bei der Ankunft in Portugal bemerkten, startete erst jetzt.
STOLPERIGE ANKUNFT.

Unser Eingang. Sieht noch etwas leer aus.
Bis wir endlich in unser Haus einziehen konnten, dauerte es eine Woche. Bis dahin übernachteten wir in einem Airbnb, eine Stunde von unserem zukünftigen Haus entfernt. Die schlechte Telefonverbindung und die gemütliche Arbeitsmentalität der Portugiesen machten es uns nicht leicht, doch nach einigem Hin und Her und einem Besuch bei der Immobilienfirma RE/MAX, konnten wir den Vertrag unterschreiben und erhielten am selben Tag den Schlüssel für das Haus.

Hier kommt man von der Treppe links zum ersten Stock.
8 Zimmer auf 4 Stockwerke – es ist riesig! Wir waren darauf gefasst, dass wir es uns beim Einzug nicht gleich gemütlich machen können und dass es einiges zu tun geben würde, aber was wir sahen und erlebt haben, hat unsere Erwartung etwas übertroffen. Das Haus stank fürchterlich, war voller Dreck, Spinnennetze, toten Insekten und Schimmel an den Wänden. Für uns hiess es: putzen, putzen, putzen, das Haus gründlich auslüften und ausräuchern und dringend abklären, ob der Schimmel gefährlich war. Nicht nur das Putzen war stressvoll, sondern auch die Tatsache, dass wir eine Woche ohne fliessendes Wasser in dem Haus lebten und eine weitere Woche verging, bis wir endlich Strom im Haus hatten. Unsere Nachbarin bot uns an, Strom von ihrem Haus abzapfen zu können, bis die Elektrizitätsfirma (ziemlich verspätet) uns am Stromnetz anknüpfte. Bis dahin litt auch unsere Ernährung ein wenig, da wir nur kalte Nahrung zu uns nahmen.
Der nächste Schritt hiess einkaufen gehen: Gasherd/-ofen, Kühlschrank, Waschmaschine, Geschirrspüler, Boiler. All dies fehlte in unserem Haus. Und wäre Portugal nicht so günstig, hätten wir wohl unser ganzes Geld bereits damit verpufft. Im Nachhinein haben wir erfahren, dass dieses Haus fast 10 Jahre leer stand. Kein Wunder, dass es so gestunken hat. Und trotzdem hätten wir erwartet, dass die Firma das Haus wenigstens etwas in Ordnung gebracht hätte, bevor sie es uns übergeben haben. Ich denke, da muss man sich daran gewöhnen, dass dies halt „Portugal“ ist.
Zumindest haben wir einen Ort gefunden an dem wir in unserer neuen Heimat Portugal ankommen und leben können. Mittlerweile haben es wir uns auch etwas heimeliger und gemütlicher gemacht und sind dran uns immer mehr einzurichten, sodass wir es Zuhause auch geniessen können. Uns ist jedoch klar, dass wir dieses Haus als Übergang sehen. Was wir mittlerweile gemerkt haben ist, dass uns ein Garten fehlt (oder zumindest eine Möglichkeit draussen an der Sonne zu verweilen) und uns die 4 Stockwerke doch etwas zu viel sind. 😉
- Direkt in unsere Küche.
- Unser Kamin, der uns schöne Abende am Feuer beschert.
- Hier tanken wir unsere Energie wieder auf. Ich liebe das Mandala, denn es strahlt so eine Ruhe aus.
- Mein Büro.
- Aaron’s Büro. Er mag’s gerne dunkel…
NEUE HEIMAT.
Da wo wir uns jetzt befinden könnte man auch «mitten in der Pampa» nennen. Wir finden es toll! Genau das haben wir gesucht, raus aus der Stadt und ab in die Stille und in die Natur. Ohne Auto kommt man hier nicht hin, oder zumindest nicht weit. Wir sind umgeben von Wäldern, und obwohl es hier in der Umgebung auch öfters Waldbrände gibt, es ist wundervoll. In der Schweiz habe ich mir immer gewünscht nahe am Wasser oder an einem See zu leben, weil man da besser abschalten kann. Hier in Sobreira Formosa (unser Dorf), vermisse ich den See gar nicht mal so sehr, denn Ruhe tanken und abschalten kann ich hier jederzeit und überall. Das Wort Zeit hat für mich hier eine ganz andere Bedeutung bekommen. Wenn man sich hier anpassen will, dann sollte man sowieso gleich 2 Gänge herunter schalten und alles etwas gemütlicher angehen. Stress existiert hier nicht. Wer hier Stress „hat“, macht ihn sich nur selber. Unsere Freunde, die wir hier kennengelernt haben, erinnern uns immer wieder daran. Wenn wir bei „P und J“ (unsere Freunde, ein Ehepaar zwei Dörfer weiter) vorbei gehen, können wir davon ausgehen, dass wir uns nicht gleich wieder auf den Heimweg machen können. Könnte unter anderem auch daran liegen, dass P überaus gerne redet und nicht mehr aufhören will ;).
Etwas anderes, was wir von Manuel, einem Restaurantbesitzer im nächsten Dorf gelernt haben ist, dass die Portugiesen nicht leise reden können. Sie diskutieren. Und es hört sich jedesmal an, als würden sie streiten. Dabei geht es um belanglose Dinge wie die Früchte im Garten. Dies haben wir zum Beispiel bei unserer Nachbarin Maria live mitverfolgt. Maria ist übrigens ein Engel, sie bringt uns immer wieder mal frisches Obst und Gemüse von ihrem Garten vorbei. Sie hat uns unseren Parklatz organisiert, der von einer anderen Nachbarin besetzt wurde. Sie war es auch, die uns Strom von ihrem Haus gegeben hat. Was für ein Glück, dass sie etwas englisch und französisch spricht.
Auch die anderen Nachbarn sind toll, sie alle sorgen sich um uns, als wären wir kleine hilflose Kinder. In ihren Augen sind wir das total, denn wir könnten ihre Enkelkinder sein. Wir haben nur „alte“ Nachbarn, aber sie sind wunderbar. Zumindest haben sie immer Freude, wenn sie uns sehen, winken uns zu, sagen hallo, klopfen hie und da an die Tür und fragen ob alles in Ordnung ist und bringen uns regelmässig Lebensmittel von ihren Gärten. So haben wir es zuvor nicht gekannt, zumindest nicht in diesem Ausmass. Und es freut uns zu sehen und zu erleben, dass dies heutzutage noch möglich ist und vor unserer Haustüre existiert – einen Ort wo Menschen rücksichtsvoll miteinander umgehen und einander so hilfsbereit unterstützen. Und zwar ohne, dass danach gefragt wird und sogar bevor man das Gegenüber näher kennengelernt hat.
Aaron hat hier noch ein kleines Video von unserer Rundfahrt in der Umgebung zusammengeschnitten. Enjoy!
Wer also einmal richtig abschalten will, muss diesen Ort oder die Umgebung hier mal besucht haben. Auch wenn die Telefon- und Internetverbindung an manchen Orten zu wünschen übrig lässt, empfehle ich es jedem herzlichst! Auf einmal wird einem das Telefonnetzwerk und die Internetverbindung sowieso egal, weil man merkt, dass es einfach nicht so wichtig ist. Ausser natürlich, man möchte diese schöne Erfahrung auf Instagram teilen 😉 So schaue ich zumindest, dass ich die Posts auf Instagram nicht ganz vergesse, auch wenn dies so schnell und leicht geschieht.
Bis bald und alles Liebe,