Becca Cronk, 24 Jahre alt, 🇬🇧, erzählt die Geschichte über ihre Weltreise im Jahr 2014, wie sie mit ihren Ängsten umgegangen ist und dabei wertvolle Erfahrungen gesammelt hat.
ANGST HIELT MICH NICHT ZURÜCK.
„Adieu“ zu den Leuten zu sagen, die man liebt, bevor man zum ersten Mal alleine in einen Flieger steigt, ist eine extrem schwierige Sache. Für viele Menschen ist Reisen nur ein Geschwätz, eine Idee, die sie nach der Schule oder Universität umzusetzen zu versuchen, aber sich letzten Endes stattdessen doch der Karriere widmen. Ich habe so viele Menschen getroffen, deren Leben genauso verlief. Dies würde ich mir nicht erlauben. Ich war immer die Art von Person, die von einer Idee gepackt wird, sie aber niemals wirklich weiterverfolgt. Das erste Mal in meinem Leben war ich entschlossen genug mir dafür den Arsch aufzureißen.
Nachdem ich das College im Jahr 2012 verlassen hatte, arbeitete ich zwei Jahre lang an diversen Orten, bis ich genug Geld gespart hatte um mein Abenteuer zu beginnen. Es gab viele Dinge, die mich leicht hätten davon abbringen können, aber sie taten es nie.
Meine Eltern fuhren mich nach Heathrow. Mein Vater liess mein Lieblingslied laufen, Secret World by Peter Gabriel, und ich sass hinten und las verschiedene Karten und Briefe von Freunden und Familie, die mir auf Wiedersehen sagen und viel Glück wünschten. Aufregung und Vorfreude, die ich vielleicht gefühlt hatte, wurden durch die Angst vor dem Ungewissen überschattet. Ich hatte noch nie von Zuhause weg gelebt, geschweige denn mehr als 3 Wochen irgendwo anders verbracht. Doch da sass ich, in einem Flugzeug nach Vietnam. Der Beginn einer Weltreise, und ich würde 11 Monate nicht nach Hause zurückkehren.
Der Gedanke alleine zu reisen kann ziemlich einschüchternd sein, aber ich hätte es nicht anders gemacht. Nicht, dass es keine schwierigen Zeiten gab. Ich erinnere mich an meine dritte Nacht in Vietnam. Ich war auf einem Boot in der Halong Bay – einem der schönsten Naturwunder Südostasiens, mit einer Gruppe von Menschen, die ich erst ein paar Tage zuvor getroffen hatte. Ich verbrachte den Abend in meinem Bett und weinte hysterisch, während ich verzweifelt versuchte meine Eltern Zuhause zu erreichen. Ich habe £ 30 für Auslandgespräche ausgegeben, aber das war mir egal. In diesem Moment war ich überzeugt, die falsche Entscheidung getroffen zu haben und ich wollte nur noch nach Hause.
Ich bin froh, dass ich das nicht getan habe. Und ehrlich gesagt denke ich nicht, dass ich es jemals getan hätte, aber dies ist ein Beispiel für die persönlichen Kämpfe, die mit dem „zum ersten Mal alleine Reisen“ einhergehen. Auf jeden Fall bin ich froh, diesen emotionalen Zusammenbruch erlebt zu haben. Die Tatsache, dass ich mich durch diese schwierige Zeit hindurchgesetzt habe, bestärkte sowohl mich selbst als auch meine Familie daran zu glauben, dass ich alles meistern kann, was auf mich zukommen würde. Nichts ist falsch daran, ein wenig Selbstzweifel zu haben. Durch schwierige Zeiten sieht man die Dinge plötzlich von einem anderen Blickwinkel und kann viel über sich selbst lernen. Glücklicherweise war es das einzige Mal während den gesamten 11 Monaten, in denen ich Heimweh hatte. Natürlich vermisste ich meine Familie und Freunde, aber nicht genug, um wirklich zurückgehen zu wollen. Ich war viel zu sehr damit beschäftigt, so viele Eindrücke und Wissen wie möglich aufzusaugen; was für eine Reise, auf die ich mich da begab!
Die Linie der Armbänder auf einem kambodschanischen Markt war ein schönes, aber tragisches Denkmal an die kambodschanischen Schlachten.
Die ersten sechs Wochen habe ich in Südostasien verbracht. Ich machte mich auf den Weg durch Vietnam, Kambodscha, Südthailand, Singapur und Bali. Ich glaube man könnte sagen, dass ich mich ans andere Ende der Welt begab, als ich meine Reise in Hanoi startete. Es war ein ziemlicher Kulturschock, aber ich denke, dass ich genau das brauchte. Ein Ort, der sich in fast jeder Hinsicht von meiner vertrauten Welt unterscheidet. Ich kann mich immer noch daran erinnern, wie ich nach der Landung aus dem Flughafen hinausgetreten bin. Die Luftfeuchtigkeit war so hoch, dass ich mich fühlte als wäre ich in einem Gewächshaus.
Es dauerte ein paar Tage bis sich mein typisch englisches Selbst daran gewöhnt hatte, aber es dauerte nicht lange bis ich mich der Hitze völlig hingab. Sie intensivierte die einfachen Freuden, wie z.B. ein kaltes Bier oder in den Ozean zu springen. Die Art von Dingen, über die ich zu Hause nicht zweimal nachgedacht hätte. Wenn es in diesen tropischen Ländern regnete, würde man mich draussen herumlaufen sehen – eine warme Dusche auf meiner Haut geniessen. Ich glaube nicht, dass ich englischen Regen jemals wieder so genießen kann.
Das Wetter und das Klima in Südostasien standen im Kontrast zu meiner Erfahrung als ich in Sydney aus dem Flugzeug stieg. Es war September, das bevorstehende Ende eines australischen Winters. Die Luft war bitterkalt und die einzigen Klamotten, die ich bei mir trug, waren Shorts, Kleider und Tops, von denen ich die meisten auf verschiedenen thailändischen Märkten gekauft habe. Ich glaube nicht, dass ich mich für die sieben Monate in Australien als “Reisende” bezeichnen kann, da ich die meiste Zeit in Sydney mit arbeiten verbracht habe.
Ich hielt mich zunächst ein bisschen zurück, Sydney als Ort zu wählen, in der man sich niederlassen sollte, da es als eine offensichtliche Wahl galt. Aber ich denke es hat seine Gründe, wieso diese Stadt so beliebt ist. Sie ist voller Kultur, Kunst, Nachtleben, Schönheit und Sehenswürdigkeiten, und ich fühlte mich in Sydney willkommener als in jeder anderen Stadt, die ich bisher besucht habe. Ich habe in dieser Stadt so viel über mich selbst gelernt, und für kurze Zeit war sie mein Zuhause.
Ich war 22 Jahre alt, als ich von meiner Reise nach Hause kam. Ich kam mit sehr wenig Geld zurück und lebte bei meinen Eltern. Dennoch fühlte ich mich reicher als jemals zuvor in meinem Leben. Meine Erfahrungen sind etwas, das ich für keine Karriere oder irgendeinen Preis hergeben würde.
Von türkisfarbenem Wasser rund um die thailändischen Inseln umgeben zu sein. Frühstück um 5 Uhr morgens am Mount Batur in Bali. Die Reise ins Sydney Opera House. Mit einem neu gewonnenen Freund die Great Ocean Road hinunterfahren. Das Privileg, bei meinen Eltern zu sein, während sie sich ihren Lebenstraum von einer Reise nach Neuseeland erfüllten. Das Gefühl, als wäre ich wirklich in Mittelerde, als ich zum ersten Mal die Schneekappen auf den Bergen sah. Die Westküste in Amerika entlang fahren und Orte besuchen, die ich seit meiner Kindheit sehen wollte. Zum ersten Mal die Redwood-Bäume sehen und zwischen den Bergen in Yosemite campen. Ich fühle mich gesegnet.
Szenische Bilder von Neuseeland.
Ich kehrte genauso nach Hause zurück, wie ich gegangen bin. Meine Eltern standen lächelnd am Flughafen, während ich mich mit meinem Gepäck abmühte. Papa fuhr mit Secret World by Peter Gabriel nach Hause, während ich mit meinen Emotionen kämpfte und trotzdem zu lächeln versuchte. Ich war körperlich und emotional erschöpft, hatte so viele verschiedene Eindrücke und Erlebnisse zu verarbeiten. Aber ich wusste: es ist nicht vorbei. Ich hatte bloss einen kleinen Vorgeschmack auf die Welt, doch es gibt so viele weitere Orte, die ich erkunden möchte. Wir haben das Privileg in einer Zeit zu leben, wo wir entdecken können was die Welt uns bietet. Es ist deine Welt, also geh und sieh sie dir an.
Becca Cronk.