Unser kleines Glück Namens Kiasmos, ist am 10. März glücklich und gesund bei uns Zuhause auf die Welt gekommen. Yep, ich hatte eine Hausgeburt.
Einige mögen denken, dass es ganz schön gewagt ist – eine Hausgeburt und dann noch in einem fremden Land?! Um ehrlich zu sein hatte ich jedoch ein viel mulmigeres Gefühl beim Gedanken daran, irgendwo in einem Spital zu liegen, wo ich niemanden verstehe und an mir herumgefummelt wird. Nachdem ich die Dokumentation «the business of being born» auf youtube geschaut habe, war mir eines klar: Ich wollte, dass die Geburt unseres Sohnes das schönste Erlebnis wird, das ich mir vorstellen konnte – und zwar Zuhause. In einem schönen Ambiente und so richtig kitschig. Mein Traumszenario: Ich sitze im warmen Bad, Kerzen brennen und schöne Musik läuft. Die Wehen sind sanft und es sollte natürlich alles schnell gehen mit ganz wenig Schmerzen. 😛 So habe ich während meiner Schwangerschaft regelmässig Hypnobirthing-Meditationen gemacht und mir vor dem ins Bett gehen Affirmationen angehört. HypnoBirthing ist eine natürliche Methode, Geburtsschmerzen ganz oder teilweise zu vermeiden und die Geburt entspannt, und bewusst zu erleben und zu genießen. ➣ www.hypnobirthing.ch
Ich habe mir genau vorgestellt, wie ich die Geburt haben wollte. Und ich war ziemlich überzeugt, dass men Körper sich ganz wohl darauf vorbereiten und einstellen konnte. Dazu gehörte aber eine rechte Portion Vertrauen in mich selbst. Zum Glück habe ich einen Partner, der mich von Anfang an bei meinem Vorhaben unterstützt hat. Auch er hat sich mental darauf vorbereitet, dass er unser Baby ganz alleine auf die Welt bringen wird. Doch wir wussten, dass wir kein Risiko eingehen wollten/konnten/durften und so haben wir uns eine Hebamme in Portugal gesucht, was sich aber als eine ziemlich schwierige Angelegenheit herausstellte. In Portugal ist sowas wie eine Hausgeburt überhaupt nicht üblich. Die Leute hier vertrauen den Menschen in weissen Kitteln mehr als sich selbst. Als ich bei den Schwangerschaft-Checkups beim lokalen Arzt von meinem Vorhaben erzählte, sah ich bloss geschockte Gesichter. Die Leute um mich herum schienen mehr Angst zu haben, als ich selbst. Und weil deshalb die Nachfrage gleich Null ist, gibt es auch so unglaublich wenig Hebammen hier in Portugal. So war es, dass das nächste Hebammen-Duo eine Autofahrt von 1,5 Stunden entfernt war. Diesen Weg nahmen wir auf uns.
Vorbereitung.
Seit wir in Portugal angekommen sind habe ich mich auf die Geburt vorbereitet. Ich war damals bereits 3 Monate schwanger. Wie bereitet man sich aber auf eine Geburt vor? Das wichtigste meiner Meinung nach ist die Einstellung. Alles beginnt im Kopf. Ich hatte keine Angst vor der Geburt, sondern habe mich auf sie gefreut. Wie oben erwähnt, habe ich regelmässig Hypnobirthing praktiziert, was mir eine enorme innere Ruhe und Gewissheit, dass alles gut kommt, gegeben hat. Natürlich habe ich auch auf meine Ernährung geachtet (no junk!) und mich viel bewegt. So habe ich bis zum 7. Monat ein morgendliches, sanftes Workout gemacht. Zudem hat mir meine Hebamme zwei interessante Bücher von Ina May Gaskin empfohlen: Ina May’s Guide to Childbirth und Ina May’s Guide to Breastfeeding. Ich muss zugeben, dass ich beide Bücher bis zur Geburt nicht ganz fertig lesen konnte, obwohl sie sehr interessant sind. Ich bin eine langsame und faule Leserin! Aber was ich gelesen habe, hat mich inspiriert und mich in meiner Entscheidung, eine Hausgeburt zu haben, bestärkt. Insgesamt habe ich mich nicht weiter über «Geburten» informiert und ich denke auch, dass dies eine gute Taktik war, potentiellen Ängsten aus dem Weg zu gehen. Ich wollte mich nicht von zu viel Information verwirren lassen, und das nötigste was ich wissen musste, haben mir meine Hebammen erklärt. Mehr brauchte ich nicht. Ich fühlte mich von Anfang an bereit und habe während der gesamten Schwangerschaft auch nie ein mulmiges Gefühl gehabt.
Der Tag der Geburt.
Ich bin um ca. 8 Uhr morgens aufgewacht – es war ein Samstag. Wehen haben mich geweckt und ich musste auf die Toilette. Bevor ich aber auf der Toilette platz nehmen konnte, floss Wasser von mir auf den Boden. Ich war nicht sicher, ob mein Wasser wirklich gebrochen war, denn es war keine besonders grosse Menge. Und wie man mir sagte, würde ich mir 100% sicher sein wenn es passiert, weil dann richtig viel Wasser rauskommen würde. So nahm ich also an, dass der Geburtsprozess noch nicht gleich losgehen würde, was sich aber bald anders herausstellte. Ich ging zurück ins Bett, konnte aber nicht wirklich wieder einschlafen. Plötzlich und ganz ohne Vorwarnung gingen starke Wehen los. Und obwohl ich am Vorabend ganz beiläufig zu meinem Partner sagte: «Ich glaube morgen ist das Baby da.», war ich mir noch immer nicht sicher, ob dies nun wirklich stimmte und in diesem Augenblick geschehen würde. Insgeheim wusste ich aber, dass es der Tag war, an dem es geschehen sollte.
Als die Wehen stärker wurden und die Abstände kürzer, bat ich Aaron, unsere Hebamme anzurufen. Er meinte jedoch, dass es noch nicht an der Zeit wäre. Die Hebamme hatte uns ausdrücklich mitgeteilt, dass wir nicht zu früh anrufen sollten, sondern erst, wenn der Abstand vor einer Wehe zur nächsten, weniger als 5 Minuten ist. Meistens sei der erste Anruf gemäss ihrer Erfahrung ein Fehlalarm. So wartete ich einige weitere Wehen ab. Irgendwann wurde es mir aber zu bunt und ich nahm mein Handy und stellte den Timer ein. Whoops, einen Abstand von nur 2 Minuten! Ich rief an. Während ich am Telefon erklärte, dass es an der Zeit war, kam ein weiterer Wehen-Schub und die Hebamme wusste, dass er sofort losfahren musste. (Ja, eine der beiden Hebammen war ein Mann – ein mega toller und einfühlsamer Mensch, bei dem wir uns sehr wohlgefühlt haben.)
Unterdessen war es wahrscheinlich 10 Uhr, genau sagen kann ich es nicht. Aaron tat alles, um mir das Leben so einfach wie möglich zu machen. Er stellte mir schöne indianische Musik ein, liess mir ein warmes Bad einlaufen, zündete im ganzen Raum Kerzen an und machte mit einem fein duftenden Räucherstäbchen den letzten Schliff eines gemütlichen Ambiente. Einige Tage zuvor hatte ich Aaron gebeten mich während den Wehen zu massieren, weil mir das helfen würde zu relaxen. Aber als er mich dann während meinen Wehen sanft berührte, schrie ich ihn an: «nicht berühren!». Der Schmerz allein war mir genug und ich wollte mich ohne Ablenkung auf meinen Atem konzentrieren. Das war das einzige, worin ich meine Energie und Aufmerksamkeit stecken konnte – in meinen Atem.
Die Presswehen hatten begonnen und die Hebamme war noch immer nicht angekommen. Da mittlerweile das heisse Wasser alle war, musste Aaron mithilfe von zwei Wasserkocher und weiteren Pfannen auf dem Kochherd das heisse Wasser von Hand in mein Bad transportieren. Ich wollte nicht raus aufs Bett um dort zu gebären, ich wollte im schönen warmen Wasser bleiben. Bei den Wehen fing ich nun an zu schreien und Aaron meinte: « Nicht schreien, ATMEN!». Und ich meinte zurück: «Ich MUSS schreien, DAS HILFT!». Und plötzlich sah er den Kopf. Ich wollte es am liebsten auch sehen, aber das war von meiner Perspektive aus unmöglich. Doch ich habe etwas anderes wertvolles und schönes Erleben dürfen. Und zwar, wie Aaron mit Tränen in den Augen und voller Emotionen sagte: «Er hat schwarze Haare».
Um 12 Uhr und nach nur vier Stunden nachdem ich aufgewacht war, war Kiasmos auf der Welt. Die Geburt lief perfekt, genauso wie ich es mir gewünscht hatte. Als Aaron meinte ich solle pressen, und ich darum das erste und einzige mal während der gesamten Geburt presste (Ich hatte nie das Bedürfnis zu pressen, denn die Wehen übernahmen alle Arbeit für mich. Ich musste mich nur dem Ereignis hingeben.), kam Kiasmos heraus, direkt in die wartenden Hände seines Vaters. Aaron war der erste Mensch, der meinen Sohn in den Händen hielt, und genau so sollte es sein – kein Arzt, keine Hebamme, sondern der Vater. Als ich Kiasmos dann in meinen Armen hielt, schien die Zeit wie stehen geblieben zu sein. Nichts interessierte mich mehr als dieser Moment. Es kratzte mich nicht im geringsten, dass unsere Hebamme noch immer nicht da war. Ich hatte auch nie Angst, dass etwas schief laufen könnte oder dass Aaron nicht fähig wäre seinen Sohn selbst auf die Welt zu bringen. Es war alles gut, so wie es war.
Als die Hebamme dann endlich eintraf waren wir aber doch froh, dass er alles abcheckte und uns mit den restlichen Kleinigkeiten half, die wir eben doch nicht alleine tun konnten. Er blieb aber nicht lange und liess uns dann unser kleines, grosses Glück geniessen.
Kiasmos, 4 Tage alt.
2 Monate alt.
Wenn ich so zurückdenke ist das für mich schon wieder eine Ewigkeit her, obwohl Kiasmos erst vor drei Monaten auf die Welt gekommen ist. Ich denke fast täglich daran, was für ein Wunder eine Geburt überhaupt ist! Und mein Sohn ist für mich das Grösste Wunder, das es gibt. Mutterliebe war vorher bloss ein Wort, das ich mit Vorstellungen gefüllt hatte, wie es sich anfühlen könnte. Jetzt WEISS ich, wie es sich anfühlt und so tiefe Gefühle habe ich kaum zuvor gefühlt. Und dafür bin ich einfach nur dankbar. <3