Im Oktober 2017 verliess ich die Schweiz, ohne Aussicht auf einen neuen Job. Ich hatte eine super tolle Stelle in einer Designagentur in Zürich aufgegeben und war nun auf mich selbst gestellt, was die Einkommensquelle anbelangte. Von einer sicheren 80%-Anstellung zur Überlebens-Challenge war eine extrem holperige und energieaufwendige Reise, aber auch eine überaus lohnenswerte Lern-Erfahrung.

Bevor Aaron und ich unsere sieben Sachen für die Reise nach Portugal packten, richtete ich mir meinen Laptop ein, damit ich, einst in Portugal angekommen, startbereit für meine Freelancekarriere bin. Ich wollte meinen Traum als Buch- und Magazingestalterin leben. Doch als wir uns in unserem neuen Zuhause einrichteten und ich endlich mein eigenes Büro nutzen wollte, merkte ich: So einfach geht das nicht! Ich hatte mir auf zwei verschiedenen Freelance-Plattformen (peopleperhour.com und freelancer.com) ein Profil eingerichtet und sorgfältig mein Portfolio erstellt. Nun war es an der Zeit mich aktiv auf diesen Plattformen auf Jobsuche zu machen.

Während der ersten sechs Monate bewarb ich mich für etliche Design-Jobs, jedoch erfolglos. Während diesen sechs Monaten lebten wir von unserem Erspartem, doch die Angst, dass uns das Geld bald ausgehen würde, wurde grösser und grösser. Und um Geld betteln war das Letzte was ich wollte. Mit der herannahenden Geburt von Kiasmos stieg der Druck, eine sichere Einkommensquelle zu finden, denn wir waren nicht mehr nur für uns selbst verantwortlich, sondern auch für einen weiteren kleinen Menschen. Die Hoffnung gab ich nicht auf, doch ich wusste nicht, was ich tun musste. Ich wusste, dass ich ein starkes und aussagekräftiges Portfolio hatte, aber wieso fand ich keine Arbeit? Ich merkte, dass ich den meisten zu teuer war und dass ich immer irgend welche Inder als Konkurrenz hatte, die ihre Dienste für einen Bruchteil meines Angebots offerierten. Wie konnte es sein, dass Leute von Freelance-Jobs leben konnten? 

Kiasmos ist Mitte März geboren. Mit seiner Geburt, hat er uns mehr Glück beschert, als wir uns vorstellen konnten. Und zwar in dem Sinne, dass nicht nur im Familienleben eine neue Energie entstand, sondern auch in beruflicher Hinsicht. Endlich hatte ich eine Zusage bekommen, für einen kleinen norwegischen Buchverlag ein Kinderbuch zu gestalten. Drei Wochen nach der Geburt hat meine Freelancekarriere endlich begonnen.

Aaron hat mich in meiner Jobsuche stets unterstützt und hat eine Bewerbung nach der anderen geschrieben. So hat er auch weiter über das Freelance-Leben recherchiert und ist dann plötzlich auf eine weitere Plattform gestossen. UpWork schien anders zu sein, professioneller!

Ich richtete mir mein Profil ein und lud mein Portfolio hoch. Aaron schrieb mir die perfekten englischen Bewerbungen und siehe da, innerhalb kürzester Zeit hatte ich bereits Antworten von einigen Interessenten erhalten. Zuerst nahm ich kleine, unterbezahlte Jobs an. Mein Plan war es, diese Jobs zur vollen Zufriedenheit des Kunden zu erledigen und gute Bewertungen zu sammeln, damit ich vertrauenswürdiger wirke und einfacher an «gute» Jobs herankomme.

Anfangs war es nicht so lustig so viel Energie und harte Arbeit für einen mickrigen Lohn zu investieren, doch ich glaubte an meinen Plan, und es hat sich allemal gelohnt! Die 5-Sterne-Bewertungen haben sich angehäuft und auf meinem Profil erhielt ich die Auszeichnung «Rising Talent». So bekam ich die Chance für eine Schweizer Agentur bei einer Magazingestaltung auszuhelfen – für einen ziemlich tollen Lohn! Es war eine taffe Zeit, denn die Deadline war enorm knapp und zwang mich, meine Arbeit bis in die Nacht hinein zu erledigen. So hatte ich, mit Baby und Arbeit, teils nur 3 Stunden schlaf! Doch ich sagte mir: Nur eine Woche, und dann ist der Spuk vorbei. 

Meine Karriere ist richtig ins Rollen gekommen und mittlerweile bin ich bereits am vierten Buch für den norwegischen Verlag dran, habe an zwei Magazinen für diese Schweizer Agentur mitgestaltet, ein Foto-Essay-Buch für einen amerikanischen Fotografen designt und arbeite jetzt an einem weiteren Buch für einen amerikanischen Kunden. Besser hätte es nicht kommen können – ich bin überwältigt!

Endlich kann ich wieder durchatmen und meine Sorgen ums Geld gehören nicht mehr zu meinem Alltag. Mein Traum, ein Freelance-Leben zu führen, hat sich in die Realität umgesetzt. Ich kann mich unheimlich glücklich und dankbar schätzen, dass ich jeden Tag mit meinem Baby verbringen und meine Arbeitszeiten selbst wählen kann. Und glaubt mir, es sind keine 8 Stunden mehr, die ich täglich arbeite 😉 

Reich bin ich noch nicht, aber ich bin mega glücklich, dass ich den Sprung zum Freelance-Leben geschafft habe. Meine Work/Life Balance und den Lifestyle den ich lebe, die Freiheit die ich habe… das ist der wahre Luxus. Und ich freue mich schon jetzt darauf, bald mit meiner kleinen Familie umherzureisen, andere Länder zu sehen und von dort aus arbeiten zu können.

Und wer sich überlegt, auch den Sprung zum Freelancer zu wagen: Tu es! Es lohnt sich hundert mal, oder sogar noch mehr!

 

See you next time.